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Lindheimer Geschichte...

 

Reformation und 30-jähriger Krieg (1530 – 1650)

Zwischen 1530 und 1550 wandte sich Lindheim der Reformation zu. Seit 1562 waren ununterbrochen evangelische Pfarrer in Lindheim tätig, doch wurde auch schon vorher evangelisch gepredigt. 1563 wurde die Lindheimer Schule als eine der ältesten des Gebietes gegründet.

Vor dem 30-jährigen Krieg gab es etwa 70 bürgerliche Familien in Lindheim. Zusammen mit den Angehörigen der jüdischen Gemeinde, die zu den ältesten Judengemeinden in der Wetterau gehörte, und den Adligen bzw. deren Verwalter hatte Lindheim zwischen 450 und 500 Einwohner. Da es sowohl katholische als auch evangelische Familien innerhalb der Lindheimer Ganerben gab, wurde der Ort in diesem Krieg von keiner Seite geschont. 1623 und 1627 wurde der Ort daher durch Brände weitgehend zerstört. In der letzten Phase des Krieges, im sog. "Hessenkrieg" wurde Lindheim von hessen-darmstädtischen Truppen eingenommen und so drangsaliert, dass im April 1645 "fast keine Menschenseele" mehr am Ort war.

Hexenverfolgung (1630 – 1665)

Schon während des Krieges begann ein weiteres trauriges Kapitel der Geschichte unseres Ortes: die Lindheimer Hexenprozesse. Der erste Prozess fand in den Jahren 1631 – 1634 statt. Anna Kraft, genannt "Pompanna", wurde der Hexerei angeklagt und zum Tode verurteilt. Auf der Folter gab sie Namen von angeblichen weiteren Hexen an, so dass zusätzlich noch Elsa Reunick und Anna Schmied

Ganerbenburg 1650

zusammen mit ihr 1634 durch das Schwert hingerichtet wurden. Ihre Leichen wurden anschließend verbrannt. Nach dem Krieg kam es mehr und mehr zu Auseinandersetzungen zwischen den Ganerben bzw. ihren Verwaltern und den Lindheimer Bürgern, bei denen es hauptsächlich um zu hoch empfundene Steuern ging.

In dieser Situation wurde 1662 ein Mann namens Georg Ludwig Geis zum Oberschultheiß ernannt. Was für ein Mensch er war, machen die Anschuldigungen des damaligen Pfarrers Hölker gegen ihn deutlich: unter anderem habe er im Krieg eigenhändig einen katholischen Priester erhängt, habe versucht, eine Lindheimerin zu vergewaltigen, habe Ehebruch betrieben und noch anderes mehr. In der Bevölkerung hatte sich – wohl durch die Gräuel des Kriegs verstärkt – ein fester Glauben an Hexen und Zauberer verbreitet. Die Ganerben hatten angeordnet, dass der Hexerei Verdächtige durch den Oberschultheißen festgenommen und gemäß einem entsprechenden Gesetz Kaiser Karls V. abgeurteilt werden sollten. Derjenige, der eine solche Person angezeige, solle eine Belohnung bekommen. Bei einer falschen Anzeige dagegen solle er 20 Taler Strafe zahlen.

Da Angeklagte gefoltert wurden, um zum einen ein Geständnis zu erpressen, zum anderen aber auch Namen von weiteren Hexen und Hexenmeistern zu erfahren, war die Gefahr, diese Strafe zahlen zu müssen außerordentlich gering. Wer der Hexerei verdächtig war, wurde in das gefürchtete "Hexenbuch" eingeschrieben; da auch Namen von Nicht-Lindheimern angegeben wurden, wurde dies den Richtern dieser Orte mitgeteilt, so dass auch hier die Verfolgung begann. Die Verurteilten wurden enteignet, wobei Geis einen Großteil des Gutes unterschlug und sich so daran bereicherte. Handlanger von Geis war ein Weber namens Andreas Krieger, der grausam und sadistisch allen Beschuldigungen nachging und die Folterungen durchführte. Selbst vor den Leichen der Gerichteten machte er nicht halt, sondern eine Klage vom 26. September 1665 gibt an, dass er einen Pfahl durch den Leichnam des enthaupteten Heinrich Leschier getrieben habe. Den Höhepunkt erreichten die Hexenverfolgungen in den Jahren 1663 und 1664. Wieviele Menschen damals gefoltert und hingerichtet wurden oder geflohen sind, ist heute nicht mehr genau zu rekonstruieren. Nur langsam formten sich Widerstandsgruppen in der Bevölkerung. Erst als Altenstadt den Burggrafen von Friedberg, Wolfgang Adolf von Carben, darum bat, auch in diesem Ort mit den Hexenverfolgungen zu beginnen (die Namen waren im Lindheimer Hexenbuch zu finden), schritt dieser ein und befahl in seiner Eigenschaft als Vorsitzender des Ritterrats der wetterauischen Reichsritterschaft den Lindheimer Ganerben, Geis abzusetzen, was im März 1664 auch geschah. Die Legende sagt, dass er im Teufelsgraben vom Pferd stürzte, sich dabei das Genick brach und seitdem als Dogge mit glühender Kette dort spuke. In Wahrheit kehrte er anscheinend unbeschadet in seinen Heimatort Selters zurück.

Noch heute erinnert eine Gedenktafel am vor wenigen Jahren renovierten Hexenturm an einige Opfer dieser "Schreckensjahre von Lindheim".

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